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Beim Aufwachen breitet sich gleich die Dunkelheit in Dir aus, die Schwere. – Dann stehst Du auf, weil Du sonst ja bloß krepieren würdest. Doch innerlich verblutest Du die ganze Zeit über; und das Herz pumpt munter mit, hat sich gegen Dich gewandt. Es pumpt Dein Blut in dieses schwarze Loch hinein, dessen Masse so immens, so schier unendlich ist, dass sie Dich brutalstmöglich nach unten, in die Tiefe zieht und zugleich alles verschluckt, das irgendwie Du ist. /Alle Richtungen sind Norden. – Und abends, legst Du Dich dann wieder nieder, wälzt Dich freud- und schlaflos hin und her, weil Dir das Schicksal, die alte Geiß, Wackersteine in den Magen genäht und Dich in das schwarze Loch in Dir geworfen hat (Was ja eigentlich gar nicht geht. Doch gerade in dieser logischen Perversion, diesem seelischen Paradoxon liegt wohl das verdammte Dilemma, denn wie findet man einen Weg aus einem Labyrinth, das es gar nicht geben kann? Wie versteht man ein Penrose-Dreieck?).

The Sound of Her Wings

Nur für Entrückte: ((→ Hesse „Steppenwolf“))
(ernsthaft!)

Geistig krank und innerlich verunglückt. Sieh dich doch um, wie’s hier aussieht. Der Toilettensitz ist hochgeklappt ((http://www.imdb.com/title/tt0118715/quotes?qt=qt0464788)), die Bücher quellen aus dem Regal, noch eingeschweißt und unberührt. Verwaistes Wissen – wo du auch immer hinschaust. Verwaist weil der Träger verschieden ist von dem was er da zum Brunnen trägt, sich erbrechend ((Männlein bricht in Eimer. (originär) )) ((sowie natürlich: https://de.wiktionary.org/wiki/Der_Krug_geht_so_lange_zum_Brunnen,_bis_er_bricht und auf diffuse Art und Weise auch https://de.wikipedia.org/wiki/Der_zerbrochne_Krug)) über den Feuilleton-Teil der Frankfurter Allgemeinen. Was da alles in der faden Galle treibt an Teig- und Pflanzenstückchen, halb zersetzt ((schöne Jugend (hier verlebt) (→ Benn) )) und angekaut, ergossen über den Schultern von Riesen. Und da jetzt auch noch daraufgekotzt. ((altbackener Witz))
Da guck, nun schaue ich mir selbst im Spiegel nach: ‚Das Böse Gesicht‘, denk ich, ‚war damals Spaß, jetzt halte ich es für geheimen Ernst.‘ Zücke das Telephon und mache ’schließlich eine schlechte, nichtsnutzige gegenwärtige Aufnahme, die Du behalten kannst, wenn Du willst.‘ ((an Felice / 21.11.12 (übrigens ließen sich die Briefe an F. vom 20. September diesen Jahres an gut lesen, ihrer Hundertjährigkeit wegen) )) Das Gesicht verläuft in Einsen und Nullen, die aus dem Hirn tropfen. Vor allem Nullen. Ehemals weiche, unergründliche Züge, sind jetzt harte Kanten, Schluchten, Pits oder Lands ((→CD)). Man müsste das alles versprengen, damit es sich nicht länger anfühlt. ((fired from a cannon)) Tut man aber ja ohnehin: I for one welcome our new computer overlords. ((Dr. Watson))


[Einschub] Jedoch: Wie kann das sein? Vor ein paar Jahren haben wir noch geglaubt, dass das Internet uns nur das Hirn, nicht auch das Herz, zersetzen werde. Nun aber stehen wir da, unsere kleinen Mao-Bibeln fest an uns gedrückt, darüber streichelnd, wischend, betend in devotem Glauben.


Ich: „Er soll da zu dem ‚gereift‘ sein, den wir kennen. Als er die Aufnahmen versandte von seiner eigenen Verschiedenheit (in Spaß und stillem Ernst, in Vergangenheit und Gegenwärtigkeit), meine ich. ((Sagt zumindest Theweleit. – Bezugnahme dabei auf Canetti, Den anderen Prozeß (, nie gelesen). Das auf jeden Fall im Buch der Könige (1), Kapitel irgendwas mit Gespenstern (Gespensterposten?) )) Ist das so? Wäre das gut? Warum muss sich einer wie er, ihr leeres, knochiges Gesicht, ihren freien Hals als den weißen Bogen nehmen, über den er sich fließen lässt? ((Tagebücher. Auch 1912, 20. August, Bezugnahme auf den 13.)) ((Ist das mir hier gefrorene Meer, das ja freilich auch nur Bezugnahme, Collage ist auf ihn, ebenso weite, weiße Fläche? Muss das Leid sein, worauf man zu stehen kommt ohne zu ersaufen?)) Weshalb kann nicht so einer unverschieden sein. Zugleich sein eigenes Gefäß (Krug), seine eigene Welt?“, ich gerate ins Stocken, unterbreche mich selbst und frage dich: „Wann werde ich verschieden sein.“
Du: „Noch nicht.“
Du drehst dich zum Fenster und ich sehe, wie du deine mächtigen dunklen Schwingen ausbreitest. Und dann – nein, wie ist das seltsam – fliegst du einfach fort. Wir… Ich habe nicht gewusst, dass du fliegen kannst. Aber du erhebst dich geradewegs in die Lüfte und fliegst mitten hinein in den Sonnenuntergang. Schließlich sehe ich dich nur noch als einen kleinen schwarzen Punkt in der feuerroten Sonne. Und du singst. Singst mit einer ganz reinen, hellen Stimme, während du fliegst. Ich glaube, du bist glücklich. ((vgl. Lindgren, Astrid: „Der Drache mit den roten Augen“)) Vielleicht einfach nur deshalb, weil du mich hast leben lassen?

(später reiße ich das Plastik von den Büchern oder verkloppe sie, noch in der Folie, weiter)


Titel: Gaiman, Neil: „Sandman 8“, August 1989

werd ich nun nicht los

Unruhig bin ich, selbst auch dann, wenn ich mich aufrecht setze, Achtung zeige für mich selbst. Dann kocht das Herz, Synapsen zucken, Blitzen gleich am Horizont. Die Fontanelle dampft, raucht, brodelt: Ich reiß ihn ab den kargen Schopf. Will doch endlich einmal sehen, was darunter sich verbirgt. Graue Masse, Großhirnrinde? Das ist nicht, was mich umtreibt. Ich will bitte, bitte wissen, was mein Hirn mir nicht verrät. Weshalb schlägt mir das Herz zur Stunde bis zum Hals, zum Maul heraus? Warum ras‘ ich irre schnatternd, durch Nacht und Dunkelheit von Haus zu Haus? Was macht mir Angst, dass ich nicht schlafen kann, Gespenster seh‘ im Morgenlicht?
Der alte Meister soll jetzt endlich, sich wegbegeben und verschwinden, mir die Möglichkeiten geben, Kopf und Seele zu verstehn‘. Doch drohend steht er da im finstern Eck‘, verbietet mir mit forscher Geste, Geister zu befehln‘. „Ja aber!, Kopf und Herz, der Hölle Ausgeburten, wollen mich ersaufen sehn'“, packe ich beherzt die Klinge, spalte mir das Hirn. Nun kann ich hoffen, atme frei. Doch, oh weh, ich seh‘ es kommen: Jetzt schleppen beide Hälften Sorg‘ um Sorge rasch heran. Helft mir, ach!, ihr hohen Mächte, der Wahn packt mich am Kragen an!
Meister, Mächte und viel andre aber lachen bloß und rufen fies: „Selber Schuld. Zuviel gedacht.“

hoch hinauf und wieder nieder

Die Herbststürme sind da und der Wind reißt unsere Seelen hoch hinauf, bis in den Himmel, eh er sie mit ganzer Macht wieder niederbrausen lässt.
Bäume stürzen hin, Blätter werden aufgewirbelt. Das Haar und die Gedanken, werden uns ganz wirr vor lauter Schönheit. Winddrachen reißen sich von ihren Leinen und fliegen fort, nach der offenen See. Abends sitzen wir am Küchentisch, erzählen von unseren Abenteuern, trinken Milch und essen Kekse. Die ersten Nachbarn, sehen wir – am offenen Fenster die Schornsteine der Häuser betrachtend – heizen schon.
Jeden Tag gibt es jetzt Brombeermarmeladenbrote, Apfelkuchen, Pfirsiche und Nektarinen. Das Obst bewahren wir im Schuppen hinter dem Haus in spanhölzernen Kisten gestapelt auf. Wir pressen Holunderbeeren aus und kochen den Saft zu dickem Sirup ein, den wir im Winter, wenn die Verwandten kommen, auf weißem Schnee als Nachspeise servieren werden. Noch aber ist Herbst: weder zu kalt noch zu heiß, sondern genau richtig. Abends verbrennen wir das rotgelbe Laub im Garten, garen Würstchen und Kartoffeln über und in den Flammen und singen Lieder vom Niedergang des Abendlandes. Wer mutig ist, der wagt dabei den Sprung über das lodernde Feuer.

 
Doch dann, eines morgens bist du einfach verschwunden. Es spielt keine Rolle, ob du mein kleiner Bruder, meine Freundin, mein Vater, meine Mutter, mein Hund bist. Du bist mit einem mal fort und hinterlässt eine leere Stelle. Du hast nicht gesagt warum und wohin, du bist einfach in den frühen Morgenstunden, als ich noch geschlafen habe gegangen. Dein Bett ist gemacht, du hast gespült und das Geschirr ordentlich ins Regal gestellt; dann hast du deinen Rucksack geschultert, bist in deine Stiefel geschlüpft und aufgebrochen.
Ich weiß nicht woher ich das weiß, aber es ist klar, dass du fort bist und nicht vorhast zurückzukehren. Die folgenden Tage und Wochen sind die Hölle. Andauernd regnet es und stürmt. Das Obst im Schuppen wird alt und runzlig, der Garten liegt voll faulem Laub und ich muss alleine das Feuerholz für den Winter schlagen. Ratten gehen an den Kohl und ein aggressiver Waschbär okkupiert die Vorräte im Schuppen.
Als dann tatsächlich der erste Schnee fällt, gefriert das Meer in mir und die wilden Winddrachen der Vergangenheit schlingern vereist über der ewigen, bleichen Fläche.

Polizei, NA, SA – eine zweifelhafte Polemik zum Thema Raumfahrt

Ein Gastkommentar von Peter Punk-Ratz, vom anarchistischen Raum-Klub Aschaffenburg:

Auf der Straße steht ein Mann, der sagt, dass wir jetzt den Mars und das ganze Sonnensystem besiedeln werden. Alles nur weil die NASA dort angeblich einen Roboter mit Rädern und Fotoapparat auf die Oberfläche geworfen hat. Toll! Ich meine, it’s not rocket-science, is it?
Erstmal sollte man mit beiden Beinen auf dem Mond zu stehen kommen, dort eine ständige Basis einrichten und regelmäßige, für alle erschwingliche Flüge zu günstigen Verbundstarifen anbieten. Solche Dinge. Dann kann man meinethalben auch über die Erforschung des Mars‘ nachsinnen.
Der Mann auf der Straße will von solchen Dingen natürlich nichts hören. Er meint, dass es jetzt höchste Eisenbahn ist, weil Ende des Jahres die Welt untergeht, von wegen Maya-Kalender und so. Na, das will ich sehen, wie die feinen Herrschaften von E- und NASA das bis dahin hinkriegen!
Prost!

Brico

Disclaimer: 1. Brico ist ein Kater, 2. Die folgenden Zeilen haben einen leicht bolschewistischen Anschlag. Wer mit Katzencollagen nicht zurecht kommt, der sollte also nicht weiterlesen.

Ach ja, der Franz, wie er da der kleine Ruinenbewohner hat sein wollen in den Bergen oder am See ((Tagebücher, 1910, ~Juli/6. August/September?)), das kann ich gut nachfühlen. Auch wie ihm seine Erziehung, der Billeteur, eine ganz bestimmte Köchin, einige, denen er nur einmal auf der Gasse begegnet ist, wie die ihm in manchem sehr geschadet haben; ich meine es zu spüren.
Hundert Jahre ist das her und doch glaubt man, sie alle noch zu sehen die Billeteure, Schulmeister und Tanzstunden-Mädchen von damals. Mittlerweile mögen manche andere Namen und Uniformen tragen, der Billeteur, das ist mir/heute vielleicht so ein euribormanipulierender ((Euribormanipulation – irres Wort)), hochdekorierter Tie-Fighter/hochangesehener Schlipsträger; jene von der Gasse vielleicht Scripted-Reality-Konsumenten (mithin auch BILD-Leser ■). Doch da sind sie. Und die Ruine, das Efeulager, das Unkraut guter Eigenschaften auch.
In den Bergen oder am See. Es ist noch Raum da oben, an der Spitze. Aber erstmal heißt’s Lächeln lernen. Lächeln und töten ((John Lennon/Plastic Ono Band, A/4, 1970)). Dann gibt’s auch nen schicken Revolver und immer Sonntags freut man sich auf den Ruhestand in der Ruine.

Taedium Vitae

Im Farbenmeer des neomedialen Allerleis ist die Fadesse auf prominentem Sendeplatz vorprogrammiert. Wo’s nurmehr bunt, kariert und neongrell zugeht, da kann’s kaum weniger öd sein als im rauschenden Grau des toten vierten Kanals von vor 1984.

Unter meinem Herzen nistet eine hässliche Möwe. Sie sucht zu tirilieren ((wieso die Rechtschreibkontrolle das Wort „tirilieren“ kennt, entzieht sich meiner Kenntnis.)), kreischt aber nur heiser von der kalten See; Frisst liegengebliebene Pommfritzen und die vergangene, goldene Zukunft.

Hab mich im Sande verlaufen. Folge seit Stunden schon meiner eigenen Spur und weiß  spätestens seit der dritten Runde, dass das meine eigenen Fußstapfen sind, da vor mir im Sediment. Kann mich aber nicht länger an diesem Gedanken aufhalten. Ist ja doch alles egal, denn auf Sonne folgt auch immer wieder Regenschein.