Ich ertrage heute nicht Dich zu sehen,
noch Deine Stimme zu hören.
Will Dir nicht Baum, Fledermaus oder Lichterspiel sein,
dass Du Dich fürchten
musst; im Dunkeln.
»Ich gehe jetzt
(und schließe ihn).«
Ich ertrage heute nicht Dich zu sehen,
noch Deine Stimme zu hören.
Will Dir nicht Baum, Fledermaus oder Lichterspiel sein,
dass Du Dich fürchten
musst; im Dunkeln.
»Ich gehe jetzt
(und schließe ihn).«
Hiermit versagte sie ihr das Gedächtnis. Wie schrecklich. Die eigene Mutter tot und kein Wille zur Erinnerung. »Ein bisschen wie in 1984, wo sie die Vergangenheit kontrollieren.«, dachte sie noch, ehe sie den Schalter drückte.
Die Wurzeln hingen somit lose in der Luft, nur von einem Hauch umspielt, der einmal Elena geheißen hatte und ihre biologische Verbindung zur Menschheitsgeschichte gewesen war.
»Das brauchen Sie jetzt nicht länger«, sagte der Mann im Kittel und warf das letzte Foto in die Flammen.
Assoziationen:
1984 , Vergiss mein nicht! , Die Revolution der Zeit
Er habe seinen Namen vergessen, sagte er mir und ich starrte ihn an, erkannte ihn auch nicht länger.
Wer war er? Wer war ich?
Den Kopf in der Hand wandte ich mein Haupt nach der Wand und begann zu weinen.
Alter Tran in neuen Schläuchen. Widerlich. – Aber was muss, das muss, sagte auch meine Tante Margarete immer. Danach nahm sie meist einen Schnaps oder etwas anderes hochprozentiges ein. Zwei Jahre ist Tante M. jetzt tot. Ich denke oft an sie. Vor allem, wenn ich Tran verpacke.
Wohin der Wind uns auch treibt, ich werde da sein, wenn Du weinst, werde Deine Haare streichen und Dir zuhören. Der Himmel wird grau verhangen sein und Vögel werden in großen Schwärmen über uns hinweg ziehen, während wir dasitzen und einander trösten werden.
Wohin der Wind uns auch getrieben haben wird, Du wirst da sein, wenn ich leide, wirst mir durchs Gesicht streichen und mich fragen was ist und ich werde schweigen. Ich kann nicht gut über mich sprechen, werde ich sagen und der Himmel wird blau und hell sein und Vögel werden in großen Schwärmen aus dem Süden zurückkehren, während wir dasitzen und einander nicht verstehen werden. Das wird meine Schuld sein, wirst Du gesagt haben.
Wo auch immer der Wind abflauen wird, werde ich dasitzen und an Dich denken. Ich werde allein sein.
1. Ein Mann sitzt im Dunkel und entzündet Streichhölzer. Eins, zwei, drei. Als die letzte Flamme verloschen ist beginnt er zu pfeifen. Eine alte Melodie, die er aus seiner Seele schöpft, wie es andere vor ihm getan haben und andere es tun werden.
2. Ich bin verloren in der Dunkelheit und höre das Pfeifen erst spät, da ein kalter Wind es in eine andere Richtung trägt. Gibt es in der Dunkelheit überhaupt Richtungen?
3. Eine kalte Hundeschnauze im Regen. Die braunen Augen dahinter starren in die Ferne, wo die Dunkelheit tobt. Darin (irre zuckend) sein Herr, der Wind und eine alte Melodie.
4. Spasmen meines Cortex’, Risse in der Borke meines Verstandes. Gibt es in einer Borke überhaupt Risse?
Ein Baum, eine Seele, ein Stein und ein Mensch stehen an einer Bushaltestelle und rauchen Krebsfleisch aus Nussschalen. Ihre Haare hängen zottig über ihre Schultern und einer singt ein Lied.Wenn ich das so sehe muss ich fast ein wenig schmunzeln, begreife dann aber, dass das ich bin, der Baum, die Seele, der Stein und der Mensch.Wolken ziehen über den bislang makellos-blauen Himmel und im Vierklang rufe ich einen Namen aus.
Brennend stürzen die Flügel dahin, sie schmelzen.
Natürlich sei es nur sinnbildlich zu verstehen. Wie auch sonst? Wenn ich also von den rostroten Flecken auf Deiner Seele spreche, von den Drachen in Dir, dann meine ich das nicht wörtlich. So wie ja auch diese ganze Geschichte von dem Aufbruch ins Unbekannte und die Annahme es gäbe da einen, den keiner kennte, einen der Geheimnisse mit sich trüge, von denen man nur ahnt, dass sie bedeutungsvoll sind, ohne Zweifel irgendeinen anderen Sinn ergeben müssen, als jenen nichtigen, den sie nach außen tragen.
Aber wie entsetzlich ist das denn, dass ich mich selbst hier im Du und im Unbekannten zu spiegeln suche? Welche Drachen, welche Erpel versuche ich zu (er)finden, da ich diese Zeilen schreibe? Welche Farbe, wenn nicht rostrot, soll meine Seele haben?
Ich arbeite für eine Behörde der Bundesrepublik Deutschland. Meine Aufgaben sind die akkurate Katalogisierung nicht nur von Menschen (geordnet nach Geschlecht, Rasse, Herkunft, genetischen Besonderheiten usf.) sondern auch die unserer Sprache. Ein Stab von Mitarbeitern steht mir zu Verfügung, diese Aufgabe zu bewältigen. Mein Kollege L. aus der Abteilung für Gebäude- und Fahrzeuginventarisierung pflegt zu sagen, dass wir, dass unsere Behörde, soetwas wie das Bewusstsein dieses Landes sind.
Im Grunde halte ich nicht viel von solchem Gerede, doch in diesem Fall muss ich (widerstrebend) zuerkennen, dass ein Funken Wahrheit darin liegen könnte, wenn es vielleicht auch eher das Unterbewusstsein ist, das wir verkörpern, wenn wir unser Land versuchen maschinenlesbar zu machen. ‘Valide auszuzeichnen’, wie das in der schnatternden Sprache unserer Behörde heißt.
Die Behörde befindet sich in einer sogenannten Großstadt und ist unauffällig zwischen einem Betrieb zur Trinkwasserwiederaufbereitung und einem Institut für Energieforschung der hiesigen Hochschule gelegen. Ich selbst muss, wenn ich morgens mit dem Fahrrad hierher fahre zwischen 15 und 25 Minuten Weg einplanen, was für die von mir zu bewältigende Strecke eine durchschnittliche Fahrtzeit ist. Manchmal schaffe ich es so früh aufzustehen, dass ich auf halber Strecke bei einer Bäckerei anhalten und einen Kaffee trinken kann. Die junge Frau, die mich dort meistens bedient, ist – das geht aus den Behördenunterlagen hervor – alleinstehend. Ich bin ein bisschen in sie verliebt, wage es aber nicht ihr das zu sagen, obgleich ich – zwei Jahre älter als sie, von durchschnittlicher Statur und deutlich besser als sie verdienend – mir einbilde so bezeichnete ‘Chancen’ bei ihr zu haben.
Wenn ich hier sitze, hole ich manchmal mein kleines, grünes Notizbuch hervor und beginne Aufzeichnungen wie diese hier anzufertigen. Meist sind es nur Sätze wie die oben: “Die vergorene Realität eines noch jungfräulichen Tages in mich aufnehmend, die Vergangenheit hinter mir lassend sitze ich da.” etwa, oder: “Sticht auch ein gewisser Blauton in das feurige Licht Deiner Anwesenheit, Schöne, will ich mich doch noch einmal auf jenes ‘hic sunt dracones’ der alten Seefahrer berufen und […]” so weiter und so fort. Manchmal auch etwas weiterreichende Überlegungen zu unserer Gesellschaft, darüber was hier schief gelaufen ist.
Veröffentlichen kann ich das dann aber natürlich nicht, verfranste Realität.
Unerschlossene, vergilbte Landschaft. Feuerspeiendes Federvieh, nahtlos aufgereiht und verschlossen. Wie in ein altes Bild versetzt, stehen wir vor der Karte und starren ins Niemandsland. ‘Gefährlich’, murmelt einer, den keiner kennt und die anderen nicken zustimmend. Die Gesandten (im Original ‘ambassadors’, was auch soviel wie ‘Repräsentanten’ bedeuten kann, Anm. des Übersetzers) folgen unserer Argumentation weitgehend, geben jedoch zu bedenken, dass die Inschrift “hic sunt dracones” nur sinnbildlich zu verstehen sei. Der Unbekannte murmelt wieder etwas.
Gemeinsam mit den Gesandten schiffen wir uns ein. Die See ist unruhig und wir alle blicken sorgenvoll nach vorn. Einzig der Unbekannte wirkt unbekümmert. Warum er sich auf dieses Abenteuer einlässt weiß keiner, doch hat er seinen Beitrag für Fahrt und Proviant gezahlt und ist uns somit willkommen.