dreckiges Dutzend Sterne

Der Geruch von Schwefel liegt in der Luft, nachdem wir die alte Frau und ihren kleinen Enkel (ist es ihr Enkel?) niedergeschossen haben. Die alte Frau und ihren kleinen Enkel, die über die Schwelle kamen. Über die Schwelle unseres Hauses. Unseres Hauses, welches wir Jahrzehnte gepflegt haben. Unseres Hauses, das die Großeltern meiner Frau mit ihren eigenen Händen gebaut haben. In welchem sie Gäste empfangen haben, in welchem gelacht, gesungen und getanzt worden ist. Unseres Hauses, welches einmal unserem Sohn gehören soll.

Wir haben den Stacheldraht ausgerollt und Überwachungskameras installiert, Konserven gebunkert, die Fenster verrammelt. Wir haben die blaue Flagge eingeholt.

Jetzt sind Sie sicher entsetzt von uns. Weil wir die alte Frau und den kleinen Jungen erschossen haben. Und glauben Sie mir, ich bin auch noch ganz mitgenommen. Aber was hätten wir tun sollen. Die sind hier eingedrungen. In unser Haus. Wir sind gastfreundliche Leute, schon bei den Großeltern meiner Frau war es üblich, dass man Gäste empfing. Und man sagt, dass hier während des zweiten Weltkriegs sogar ein paar Juden versteckt worden seien. Sie sehen also, wir sind eine gastfreundliche Familie, wir haben keine Berührungsängste. Wir haben reagiert, wie wir reagiert haben, weil es um unseren Sohn ging. Man muss vorsichtig sein dieser Tage, man hört soviel. Das ist keine irrationale Angst, das sind berechtigte Sorgen.

Der Geruch von Schwefel liegt in der Luft, als unser kleiner Junge im Pyjama die Treppe herunterkommt. „Was ist denn los, Mama?“, fragt er meine Frau, er hat die Schüsse gehört. Rasch stelle ich mich vor die Toten, dass er soetwas nicht sehen muss. Aber es scheint bereits zu spät zu sein, ich sehe, wie eine Träne sein Gesicht hinabrinnt. Es sind dreckige Zeiten. Das hier ist die Schuld der Alten und des Jungen. Man muss solche Dinge tun, will man seine Familie schützen. Wir sind gastfreundliche, großzügige Menschen, aber man weiß nie, wer als nächstes in der Tür stehen könnte.

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