Kopf hoch!

Liebe Leserin,

ich weiß nicht, was dich dazu getrieben hat bei Google „nette männer gibt es nur im märchen“ einzutippen und es tut mir ehrlich Leid, dass du damit ausgerechnet bei Lottchen und ihrem dreckigen Nazi-Typen gelandet bist. Der Kerl steht nicht repräsentativ für alle Männer, wirklich nicht.

Mach dir keine Sorgen, Mädchen, du findest schon einen, der was taugt. Und gib nicht solche Sachen in Suchmaschinen ein, das deprimiert dich nur und ich muss weinen, wenn ich das in den Serverlogs lesen muss.

Fühl dich am Dutt getätschelt,

David

Wetterbericht

13. Oktober:
Lustwandeln durch dunklen Regen. Jacke und Pullover vollends durchnässt, aus den Schuhen suppt das kalte Wasser. Atme genießerisch (ein und auch aus).

14. Oktober:
Jeden verdammten Tag wache ich auf und denke: Das ist jetzt der Anfang vom Rest. Dann stumme ich nur sitzend da und starre in Buchstaben und Bilder fremder Leben. Putting the ich into Konservengesicht.

15. Oktober:
Der Himmel ist jetzt wieder blau, nicht mehr so schwarz wie noch am Samstag. Wenige, weiße Wolken. Temperatur: Kristall.

Lotti und der Nazi

   Weiß noch genau wie das feiste Nazischwein sich da über meine Schulter gebeugt hat und mit seinem vergammelten Atem geflüstert hat: „Ey, lass den Typen da mal anzünden, Lotte.“ Echt gammlig hat der da aus dem Maul gestunken, wie Hitler. Hab ich mich aber nicht getraut ihm zu sagen, dass er total wie Hitler riecht und auch nicht, dass ich den Penner nicht anzünden wollte. Hab nur gesagt: „Trauste Dich ja eh nicht.“ Und dann hab ich noch seinen Namen hinterdrein geschoben, der reimte sich sogar auf Nazischwein (also der Name). Dann hat er gesagt: „Na und ob ich mich das traue“ und hat den Spiritus auf den schlafenden Penner gekippt und hat den dann mit so’nem Plaste-Feuerzeug angemacht. Dann sind wir natürlich weg. Aber ich glaub der Penner hat garnichts gemerkt, hat einfach weitergepennt. So’n tiefen Schlaf will ich auch haben, wenn bei mir mal die Bude abfackelt. Weiß man aber natürlich nicht, ob er wirklich diese ganze holocaustartige Verbrennung über durchgepennt hat. Hab mir oft vorgestellt, wie er dann doch noch aufgewacht ist und in der totalen Panik aufgesprungen und brennend, wie im Horrorfilm, noch rumgerannt ist. Aber da kriegste echt nur schlechte Träume von, hab mir darum dann gesagt, dass er bestimmt einfach so voll und besoffen war, dass er dabei durchgepennt hat, wie nix Gutes. Muss dann ja auch komisch sein, wenn man einfach nicht mehr aufwacht.
   Der Nazi und ich sind dann also weggerannt und haben uns in so nem versifften Hauseingang untergestellt oder versteckt oder wie man das dann so nennt, weil wir sind ja nicht verfolgt worden oder sowas, hatte ja noch keiner von unserer also das heißt seiner Untat Wind gekriegt. Und dann hat der mich geküsst, was weil der ja, wie schon beschrieben, den totalen Gammelatem hatte, echt nicht schön war. Ich glaub der fand sich auch noch so richtig geil, weil er den Penner angezündet hatte. Auf jeden Fall ist er mir mit der Zunge wie irre durch den Mund rotiert. Und weil er dabei halt so hitler stank, kam mir plötzlich echt die Galle hoch und da hab ich ihn weggestoßen, weil wenn das so weitergegangen wäre, hätt‘ ich ihm vermutlich einfach in den Mund gekotzt. Da hat er dann Fotze zu mir gesagt und ist weggegangen, im Regen. Das hat mir aber nichts ausgemacht, dass er mich Fotze genannt hat, weil ich ja wusste, dass er’n Arsch und sogar Mörder ist. Wenn er ’n netter Mann gewesen wäre, dann hätt‘ mir das vielleicht was ausgemacht, wenn der mich so beschimpft hätte. Aber nette Männer, die zünden doch keinen an und wirklich nette Männer die sagen wahrscheinlich auch nie Fotze zu ’ner Frau. Aber solche gibt’s vermutlich nur im Märchen, solche Typen, die nie solche Beschimpfungen benutzen. Mir hat das echt nichts ausgemacht, nicht von so einem.
   Jedenfalls bin ich dann halt auch irgendwann heim gegangen, nachdem ich da bestimmt noch ne Stunde oder was, im dunklen Hauseingang gestanden bin und nicht richtig wusste ob ich jetzt eher Angst hab, dass die Polizei kommt und mich befragt zu dem verbrannten Penner oder ob ich darauf warte, dass der Nazi zurückkommt. Vielleicht wollte ich auch einfach nicht raus in den Regen. – In der Nacht hab ich dann auch geträumt, dass der Nazi brennend vor meiner Tür steht und mich, Sie wissen schon was, will. Das ist echt einer der brutalst-übelsten Träume gewesen.
   Am übernächsten Tag war das dann auch in der Zeitung, dass der Penner abgebrannt worden war. Sogar in der BILD gab’s so’n kurzen Text dazu. Hab ich mir zuerst ausgeschnitten, dann aber später doch wieder weggeworfen, weil ich gedacht hab: wenn die Polizei das hier mal sieht und mich dazu fragt, dann bin ich das am Ende noch gewesen, in deren Augen. Jedenfalls: Ich bin dann in den nächsten Wochen immer einfach zur Arbeit gegangen (ich arbeite bei so’ner amerikanischen Pizza-Kette in der Küche) und hatte im Anfang immer noch viel Angst, dass der Nazi oder die Polizei oder vielleicht ’n Kumpel von dem Penner auftauchen könnte und mich festnehmen oder verprügeln oder Sie wissen schon was. Das hat mich da echt runtergezogen, aber mit der Zeit bin ich halt etwas sorglos geworden und hatte an manchen Tagen sogar wieder Spaß und hab nicht an den brennenden Penner gedacht und diesen ganzen Müll. Aber letzte Woche, also das ist jetzt auch alles schon ’n Jahr oder so her, weiß ich ja gar nicht, ob Sie das noch erinnern, dass das da mal in der Zeitung gestanden hat, also die Story mit dem verbrannten Penner, letzte Woche hab ich den Nazi wiedergesehen. Da war mir gleich, wie wenn ich seinen stinkenden Gammelatem wieder in der Nase und im Mund hätte und ich hab mich, wie das der Zufall so will, in genau dem Hauseingang vor dem Nazi versteckt, in dem er mir damals mit seiner Zunge im Kopf rumgemacht hat hat. Da hab ich mich dann zusammengehockt und hab mir die Kapuze über’n Kopf gezogen und auf den Boden gehockt, dass er mich nur nicht sieht und erkennt, hab ich gedacht. Und als Sie mir dann an die Schulter gepackt ham‘, da hab‘ ich geglaubt er isses und jetzt macht er mit mir was er will und darum hab ich Sie dann gegen’s Schienbein gekickt und jetzt weiß ich ja, dass Sie mir bestimmt nur ham‘ helfen wollen oder zumindest nur mal fragen, ob alles okay ist. – Ist aber überhaupt nicht alles okay.
   Seit ich mich da versteckt hab, letzte Woche, und dann halt weggerannt bin, hab ich echt die ganze Zeit nur noch Panik und Angst und könnte brechen, so übel ist das, dass ich jetzt weiß, dass das Nazischwein hier irgendwo rumrennt und mich sucht. Der ist in der Lage und zündet mich auch an oder das ganze Haus, wo ich wohne. So ist der Nazi nämlich, erst vergast er einen mit seinem Atem und dann fackelt der nicht lange rum, sondern: Holocaust.
Naja, aber irgendwann musste ich dann ja auch mal raus und Klopapier und Essen und so kaufen gehen und da dann im Supermarkt an der Kasse sind Sie halt aufgetaucht und, wissen Sie ja, haben gesagt, dass Ihnen Ihr Schienbein noch immer wehtut von dem Tritt und da bin ich dann halt, ham‘ Sie ja auch gesehen, zusammengebrochen. Total am heulen und schluchzen; und bestimmt hat der Kassierer dann gedacht, dass Sie Schuld haben und hat Sie böse angeguckt oder sogar was gesagt, hab ich halt alles nicht mitgekriegt, sondern geheult. Und dann ham Sie sich da zu mir gesetzt und gefragt: „Was ist denn mit Ihnen?“ Und weil das, so ein paar ganz einfache Worte, echt das netteste war, was seit ganz langer Zeit mal einer zu mir gesagt hat, hab ich da noch mehr geweint. Und dann sind wir rausgegangen, an die frische Luft, wie Sie gesagt haben, und ich hab wieder ’n bisschen Atem gekriegt und dann haben Sie mich direkt zu dem Arzt gebracht und haben sogar im Wartezimmer gesessen, während ich da drin war und haben gewartet und der Arzt hat gesagt, dass Sie mich echt gerettet haben und hat mir so Zeug gegeben, dass mir jetzt weniger Panik macht und Sie haben gesagt, dass ich erstmal hier bleiben kann, bei Ihnen, bis der größte Horror vorbei ist und, dass Sie mich dann, wenn ich das will auch zur Polizei bringen, dass ich das Nazischwein anzeigen kann. Und ich sag Ihnen, ich überleg jetzt echt, dass ich das endlich machen könnte. Weil der Kerl ist’n Mörder und ich hab echte Angst vor dem.

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Beim Aufwachen breitet sich gleich die Dunkelheit in Dir aus, die Schwere. – Dann stehst Du auf, weil Du sonst ja bloß krepieren würdest. Doch innerlich verblutest Du die ganze Zeit über; und das Herz pumpt munter mit, hat sich gegen Dich gewandt. Es pumpt Dein Blut in dieses schwarze Loch hinein, dessen Masse so immens, so schier unendlich ist, dass sie Dich brutalstmöglich nach unten, in die Tiefe zieht und zugleich alles verschluckt, das irgendwie Du ist. /Alle Richtungen sind Norden. – Und abends, legst Du Dich dann wieder nieder, wälzt Dich freud- und schlaflos hin und her, weil Dir das Schicksal, die alte Geiß, Wackersteine in den Magen genäht und Dich in das schwarze Loch in Dir geworfen hat (Was ja eigentlich gar nicht geht. Doch gerade in dieser logischen Perversion, diesem seelischen Paradoxon liegt wohl das verdammte Dilemma, denn wie findet man einen Weg aus einem Labyrinth, das es gar nicht geben kann? Wie versteht man ein Penrose-Dreieck?).

The Sound of Her Wings

Nur für Entrückte: ((→ Hesse „Steppenwolf“))
(ernsthaft!)

Geistig krank und innerlich verunglückt. Sieh dich doch um, wie’s hier aussieht. Der Toilettensitz ist hochgeklappt ((http://www.imdb.com/title/tt0118715/quotes?qt=qt0464788)), die Bücher quellen aus dem Regal, noch eingeschweißt und unberührt. Verwaistes Wissen – wo du auch immer hinschaust. Verwaist weil der Träger verschieden ist von dem was er da zum Brunnen trägt, sich erbrechend ((Männlein bricht in Eimer. (originär) )) ((sowie natürlich: https://de.wiktionary.org/wiki/Der_Krug_geht_so_lange_zum_Brunnen,_bis_er_bricht und auf diffuse Art und Weise auch https://de.wikipedia.org/wiki/Der_zerbrochne_Krug)) über den Feuilleton-Teil der Frankfurter Allgemeinen. Was da alles in der faden Galle treibt an Teig- und Pflanzenstückchen, halb zersetzt ((schöne Jugend (hier verlebt) (→ Benn) )) und angekaut, ergossen über den Schultern von Riesen. Und da jetzt auch noch daraufgekotzt. ((altbackener Witz))
Da guck, nun schaue ich mir selbst im Spiegel nach: ‚Das Böse Gesicht‘, denk ich, ‚war damals Spaß, jetzt halte ich es für geheimen Ernst.‘ Zücke das Telephon und mache ’schließlich eine schlechte, nichtsnutzige gegenwärtige Aufnahme, die Du behalten kannst, wenn Du willst.‘ ((an Felice / 21.11.12 (übrigens ließen sich die Briefe an F. vom 20. September diesen Jahres an gut lesen, ihrer Hundertjährigkeit wegen) )) Das Gesicht verläuft in Einsen und Nullen, die aus dem Hirn tropfen. Vor allem Nullen. Ehemals weiche, unergründliche Züge, sind jetzt harte Kanten, Schluchten, Pits oder Lands ((→CD)). Man müsste das alles versprengen, damit es sich nicht länger anfühlt. ((fired from a cannon)) Tut man aber ja ohnehin: I for one welcome our new computer overlords. ((Dr. Watson))


[Einschub] Jedoch: Wie kann das sein? Vor ein paar Jahren haben wir noch geglaubt, dass das Internet uns nur das Hirn, nicht auch das Herz, zersetzen werde. Nun aber stehen wir da, unsere kleinen Mao-Bibeln fest an uns gedrückt, darüber streichelnd, wischend, betend in devotem Glauben.


Ich: „Er soll da zu dem ‚gereift‘ sein, den wir kennen. Als er die Aufnahmen versandte von seiner eigenen Verschiedenheit (in Spaß und stillem Ernst, in Vergangenheit und Gegenwärtigkeit), meine ich. ((Sagt zumindest Theweleit. – Bezugnahme dabei auf Canetti, Den anderen Prozeß (, nie gelesen). Das auf jeden Fall im Buch der Könige (1), Kapitel irgendwas mit Gespenstern (Gespensterposten?) )) Ist das so? Wäre das gut? Warum muss sich einer wie er, ihr leeres, knochiges Gesicht, ihren freien Hals als den weißen Bogen nehmen, über den er sich fließen lässt? ((Tagebücher. Auch 1912, 20. August, Bezugnahme auf den 13.)) ((Ist das mir hier gefrorene Meer, das ja freilich auch nur Bezugnahme, Collage ist auf ihn, ebenso weite, weiße Fläche? Muss das Leid sein, worauf man zu stehen kommt ohne zu ersaufen?)) Weshalb kann nicht so einer unverschieden sein. Zugleich sein eigenes Gefäß (Krug), seine eigene Welt?“, ich gerate ins Stocken, unterbreche mich selbst und frage dich: „Wann werde ich verschieden sein.“
Du: „Noch nicht.“
Du drehst dich zum Fenster und ich sehe, wie du deine mächtigen dunklen Schwingen ausbreitest. Und dann – nein, wie ist das seltsam – fliegst du einfach fort. Wir… Ich habe nicht gewusst, dass du fliegen kannst. Aber du erhebst dich geradewegs in die Lüfte und fliegst mitten hinein in den Sonnenuntergang. Schließlich sehe ich dich nur noch als einen kleinen schwarzen Punkt in der feuerroten Sonne. Und du singst. Singst mit einer ganz reinen, hellen Stimme, während du fliegst. Ich glaube, du bist glücklich. ((vgl. Lindgren, Astrid: „Der Drache mit den roten Augen“)) Vielleicht einfach nur deshalb, weil du mich hast leben lassen?

(später reiße ich das Plastik von den Büchern oder verkloppe sie, noch in der Folie, weiter)


Titel: Gaiman, Neil: „Sandman 8“, August 1989

werd ich nun nicht los

Unruhig bin ich, selbst auch dann, wenn ich mich aufrecht setze, Achtung zeige für mich selbst. Dann kocht das Herz, Synapsen zucken, Blitzen gleich am Horizont. Die Fontanelle dampft, raucht, brodelt: Ich reiß ihn ab den kargen Schopf. Will doch endlich einmal sehen, was darunter sich verbirgt. Graue Masse, Großhirnrinde? Das ist nicht, was mich umtreibt. Ich will bitte, bitte wissen, was mein Hirn mir nicht verrät. Weshalb schlägt mir das Herz zur Stunde bis zum Hals, zum Maul heraus? Warum ras‘ ich irre schnatternd, durch Nacht und Dunkelheit von Haus zu Haus? Was macht mir Angst, dass ich nicht schlafen kann, Gespenster seh‘ im Morgenlicht?
Der alte Meister soll jetzt endlich, sich wegbegeben und verschwinden, mir die Möglichkeiten geben, Kopf und Seele zu verstehn‘. Doch drohend steht er da im finstern Eck‘, verbietet mir mit forscher Geste, Geister zu befehln‘. „Ja aber!, Kopf und Herz, der Hölle Ausgeburten, wollen mich ersaufen sehn'“, packe ich beherzt die Klinge, spalte mir das Hirn. Nun kann ich hoffen, atme frei. Doch, oh weh, ich seh‘ es kommen: Jetzt schleppen beide Hälften Sorg‘ um Sorge rasch heran. Helft mir, ach!, ihr hohen Mächte, der Wahn packt mich am Kragen an!
Meister, Mächte und viel andre aber lachen bloß und rufen fies: „Selber Schuld. Zuviel gedacht.“

hoch hinauf und wieder nieder

Die Herbststürme sind da und der Wind reißt unsere Seelen hoch hinauf, bis in den Himmel, eh er sie mit ganzer Macht wieder niederbrausen lässt.
Bäume stürzen hin, Blätter werden aufgewirbelt. Das Haar und die Gedanken, werden uns ganz wirr vor lauter Schönheit. Winddrachen reißen sich von ihren Leinen und fliegen fort, nach der offenen See. Abends sitzen wir am Küchentisch, erzählen von unseren Abenteuern, trinken Milch und essen Kekse. Die ersten Nachbarn, sehen wir – am offenen Fenster die Schornsteine der Häuser betrachtend – heizen schon.
Jeden Tag gibt es jetzt Brombeermarmeladenbrote, Apfelkuchen, Pfirsiche und Nektarinen. Das Obst bewahren wir im Schuppen hinter dem Haus in spanhölzernen Kisten gestapelt auf. Wir pressen Holunderbeeren aus und kochen den Saft zu dickem Sirup ein, den wir im Winter, wenn die Verwandten kommen, auf weißem Schnee als Nachspeise servieren werden. Noch aber ist Herbst: weder zu kalt noch zu heiß, sondern genau richtig. Abends verbrennen wir das rotgelbe Laub im Garten, garen Würstchen und Kartoffeln über und in den Flammen und singen Lieder vom Niedergang des Abendlandes. Wer mutig ist, der wagt dabei den Sprung über das lodernde Feuer.

 
Doch dann, eines morgens bist du einfach verschwunden. Es spielt keine Rolle, ob du mein kleiner Bruder, meine Freundin, mein Vater, meine Mutter, mein Hund bist. Du bist mit einem mal fort und hinterlässt eine leere Stelle. Du hast nicht gesagt warum und wohin, du bist einfach in den frühen Morgenstunden, als ich noch geschlafen habe gegangen. Dein Bett ist gemacht, du hast gespült und das Geschirr ordentlich ins Regal gestellt; dann hast du deinen Rucksack geschultert, bist in deine Stiefel geschlüpft und aufgebrochen.
Ich weiß nicht woher ich das weiß, aber es ist klar, dass du fort bist und nicht vorhast zurückzukehren. Die folgenden Tage und Wochen sind die Hölle. Andauernd regnet es und stürmt. Das Obst im Schuppen wird alt und runzlig, der Garten liegt voll faulem Laub und ich muss alleine das Feuerholz für den Winter schlagen. Ratten gehen an den Kohl und ein aggressiver Waschbär okkupiert die Vorräte im Schuppen.
Als dann tatsächlich der erste Schnee fällt, gefriert das Meer in mir und die wilden Winddrachen der Vergangenheit schlingern vereist über der ewigen, bleichen Fläche.